Teilnehmer
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In Kooperation mit der Holisticon AG haben wir die international ausgeschriebene #SmartBuildingsChallenge des Industrial Internet Consortium gewonnen und wurden im Rahmen der Bosch Connected World 2020 für unseren Beitrag ausgezeichnet. Im Mittelpunkt unseres Beitrags stand die Konzeption eines zentralen Dashboards zur Darstellung und Analyse von Gebäudedaten.
Smart Buildings Challenge ausgerichtet vom Industrial Internet Consortium
Smart Commercial Buildings
Nutzerzentrierung in einer Smart-Data-Umgebung
Individuelle Dashboard-Lösung, die datengetriebene Anwendungsfälle nutzerorientiert und interaktiv zugänglich macht
Beratung, Konzeption, UX-Research, UX-Design, UI-Design
Die Intelligenz von Einkaufszentren der ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG mit innovativen digitalen Lösungen zu stärken war die Kernaufgabe des Wettbewerbs. Dabei Daten aus einer Vielzahl von Messsensoren heranzuziehen und aufzubereiten wurde als Lösungsansatz vorgegeben, um die Arbeit der verschiedenen Stakeholder um neue Möglichkeiten zu erweitern.
Das Ergebnis ist ein Dashboard mit integriertem Task- und Maßnahmenmanagement, das nicht nur nachhaltige Entscheidungen auf Managementebene unterstützt, sondern auch die Arbeit im operativen Geschäft revolutioniert. Partner in dieser Challenge waren unter anderem der TÜV Süd, Deka Immobilien, Bosch Building Technologies und Microsoft.
Das Zuhause über eine digitale Anwendung zu steuern ist keine Neuheit mehr und auch in größeren Gebäuden wird mittlerweile fleißig digitalisiert. Dennoch sind in Bestandsimmobilien viele Bereiche weiterhin wenig vernetzt und so von der Analyse und Handhabe durch smarte Lösungen ausgeschlossen.
Um einen großen Schritt in Richtung Zukunft zu gehen, initiierte ECE gemeinsam mit Bosch die „Smart Buildings Challenge“, deren Ziel es ist, innovative digitale Technologien zur Verbesserung der Gebäudeperformance zu identifizieren, zu fördern und in die Praxis zu überführen. Mithilfe von Sensor- und Messtechnik und weiteren digitalen Anwendungen sollen Immobilien energieeffizienter, nutzerfreundlicher und nachhaltiger werden.
Gemeinsam mit unserem Mutterunternehmen Holisticon beschlossen wir, an dieser Challenge teilzunehmen.
ECE entwickelt und betreibt Shopping-Center und Großimmobilien wie Bürogebäude, Hotels und Stadtquartiere. Im Zuge der Challenge sollten alle Lösungsvorschläge für das Shopping-Center „Ettlinger Tor“ in Karlsruhe konzipiert werden.
Die Challenge wurde in vier Use Cases aufgeteilt:
Smart Space Flow Analytics: Tracking, Zonen, anonymisiertes Tracking
Smart Metering in Multi-Tenant Commercial Buildings: Smart Metering, Energieverbrauch, Fokus auf elektronische Energie
Smart Automated Building: HVAC, Kontrolle von technischem Zubehör, Fernzugriff auf Geräte, Nachhaltigkeit
Smart Building Cockpit: Management Tool, Sales Tool, Übersicht, Digital Twin, AR
Jeder Use Case startete mit je 10 Teilnehmerteams. Nach einer Präsentation der Zwischenergebnisse wurde das Teilnehmerfeld auf je 3-5 Teilnehmer pro Use Case reduziert.
Wir stürzten uns auf den vierten Use Case, für den es ein Dashboard-Konzept zu erarbeiten galt, das einerseits die Ideen und Lösungsansätze der ersten drei Use Cases aufgreift, gleichzeitig aber auch generelle Anforderungen der zukünftigen Anwender berücksichtigt. Bei der Anwenderschaft wurden drei unterschiedliche Nutzergruppen mit teils sehr verschiedenen Anforderungen identifiziert.
Zur ersten Nutzergruppe zählen die technischen Manager, die als technische Verantwortliche von Shopping-Centern operative Anforderungen an eine digitale Anwendung haben. Bei der zweiten Nutzergruppe handelt es sich um Facility-Manager. Diese benötigen in der zentralen Managementebene analytische Datenerfassungen. Zusätzlich gibt es noch die Investoren der Deka, die ebenfalls Zugriff auf Statistiken benötigen, um die Entwicklungen von Shopping-Centern über längere Zeiträume hinweg erkennen und auswerten zu können.
Wir starteten eher zufällig und mit etwa drei Monaten Verspätung in die Challenge, was jedoch im späteren Verlauf kein Nachteil für uns sein sollte. Die erste Hürde war, wie bei jedem neuen Projekt, zunächst die Fachlichkeit und die an uns gestellten Anforderungen zu verstehen. Bei den anderen Challenge-Teilnehmern handelte es sich größtenteils um Tech-Start-ups, die sich auf Lösungen für Gebäudeautomation spezialisiert haben. Es gab also einen großen Wissensvorsprung in Hinblick auf Nutzung von Hardware und technischer Machbarkeit.
Wir teilten uns daher in der Beschaffung von Informationen auf. Während ein Kollege von Holisticon die Rolle des Product Owners übernahm und sich für den fachlich technischen Teil verantwortlich zeigte, fokussierten wir uns auf die Anwender, um unsere gemeinsamen Ergebnisse später zu konsolidieren.
Bereits in unserem internen Kick-off-Workshop wurde deutlich, dass wir die größte Notwendigkeit darin sehen, die Anwender des Dashboards und ihre Anforderungen an ein „Smart Building Cockpit“ zu berücksichtigen. Ein technischer Manager steht in der Verantwortung, ein Shopping-Center eigenständig zu überwachen. Dafür stehen ihm ein Team von internen Kräften sowie ein Netzwerk von externen Firmen zur Verfügung. Ein Facility-Manager wiederum benötigt analytische Hilfsmittel, um die kurzfristige Entwicklung eines Shopping-Centers nachverfolgen oder Prognosen ableiten zu können.
Als Ziel steckten wir uns, ein innovatives Dashboard-Konzept zu entwickeln, das den technischen Manager darin unterstützt, seinen Arbeitsalltag besser zu strukturieren und Aufgaben für seine Kollegen einfach verwalten zu können. Dafür war es notwendig herauszufinden, wie der Arbeitstag eines technischen Managers aussieht, welche Aufgaben er zu erfüllen und mit welchen Herausforderungen er in seinem Arbeitsalltag umzugehen hat, um daraus abzuleiten, welche Kriterien in der Konzeptionierung zu beachten sind. Genauso gingen wir bei der Ermittlung der Anforderungen von Facility-Managern vor. Aufgrund der großen Schnittmenge an benötigten Daten für Facility-Manager und Investoren konzentrierten wir uns zunächst nur auf die ersten beiden Nutzergruppen.
Iterativ entstanden die Design-Personae eines exemplarischen technischen und Facility-Managers, die als Grundlage für den darauffolgenden UX-Prozess herangezogen wurden. Mithilfe von LinkedIn, aber auch Xing-Profilen realer Angestellter von ECE und zusätzlich gesammelten Informationen aus offenen Stellenausschreibungen für besagte Positionen schärften wir unser gemeinsames Bild von unseren Anwendern.
Bei unserem ersten offiziellen Challenge-Workshop in München verifizierten wir unsere gesammelten Daten und die teilweise auf Annahmen basierten Persona-Bestandteile. Dabei stellten wir eine große Schnittmenge mit unserer ersten Iteration fest, erfuhren aber noch weitere Details, die sich nur im persönlichen Gespräch erarbeiten ließen.
Mit einem geschärften Bild der potenziellen Anwender galt es, in den nächsten Schritten zunächst allgemeine Informationen zum Betrieb von Shopping-Centern in Erfahrung zu bringen. Anders als die Betrachtung eines Konsumenten, der ein Einkaufszentrum zum Erwerb seiner Lebensmittel oder Unterhaltungselektronik sowie zum Zeitvertreib aufsucht, ist der Betrieb – auch aus strategischer Sicht – geprägt von Wartung, Fehlerbehebung, Instandsetzung, Modernisierung und Optimierung. So gibt es beispielsweise Energieeffizienzziele, die nicht nur aus ethischer, sondern auch wirtschaftlicher Sicht erstrebenswert sind.
Durch qualitative Interviews und quantitative Befragungen über Online-Fragebögen mit unterschiedlichen Menschen aus dem ECE-Kontext konnten wir in kurzer Zeit einen guten Überblick über den Status quo, aber auch die Bedürfnisse erhalten, die wir in unser Konzept einfließen lassen wollten.
Der wahrscheinlich komplexeste Teil unseres Konzeptes sollte das Überführen der uns vorliegenden Informationen in User Flows sein. Dabei mussten wir anhand der Bedürfnisse unserer Personae genau identifizieren, welche Schnittmengen aus den unterschiedlichen Anforderungen an die Anwendung existieren. Wir wollten zwingend zwei Szenarien vermeiden: 1. Ein Dashboard, das eigenständig, individuell zusammengestellt werden muss. 2. Zwei unterschiedliche Anwendungen mit spezifischen Feature-Sets für die jeweilige Nutzergruppe.
Um den Arbeitsalltag des technischen Managers besser zu verstehen und um zielgenaue Lösungsansätze zu entwickeln, haben wir mithilfe von Customer Journey Maps Ideen entwickelt, die zu den täglichen Anforderungen seines Arbeitsumfeldes passen.
Um alle definierten Anforderungen innerhalb derselben Anwendung zu konsolidieren, dokumentierten wir Features auf Post-its, sortierten diese nach Nutzergruppen, priorisierten nach Wichtigkeit und verglichen beide Nutzergruppen in einer Gegenüberstellung. Es kristallisierte sich eine hohe Deckungsgleichheit heraus, die wir in dieser Ausprägung selber nicht erwartet hätten.
Erst nach diesem Teildurchbruch waren wir in die Lage versetzt, unsere User Flows zu kreieren.
Anders als bei klassischen operativen Dashboards haben wir uns zum Ziel gesetzt, eine Oberfläche zu kreieren, die den Fokus auf das Erledigen bestimmter Aufgaben legt. Unser Hauptaugenmerk richteten wir, der Nutzerzentrierung folgend, auf den Anwender und seinen Arbeitsalltag. Wir leiteten aus den täglichen Maßnahmen ab, welche Aufgaben mit hoher und welche mit geringerer Priorität zu erledigen sind. Wichtige Aufgaben sollten schnell auffindbar und hervorgehoben sein.
Darüber hinaus entwickelten wir ein Bedienkonzept, dessen Ziel es ist, jeweils nur eine Maßnahme zur Zeit bearbeiten zu müssen. Dem Anwender werden nach Wahl der gewünschten Aktion nur diejenigen Optionen angeboten, die unmittelbar mit dem Erfüllen einer bestimmten Aufgabe zusammenhängen. Ein Kontextwechsel wird nur beim Auftreten eines kritischen Fehlers durch einen modalen Dialog erzwungen.
Beim Überführen unseres UX-Konzeptes in das User Interface achteten wir von Beginn darauf, eine komponentenbasierte Bibliothek aufzubauen, die beim gemeinsamen Erarbeiten einzelner Views als Basis verwendet werden konnte. Das ist nicht nur eine Zeitersparnis bei der Ausarbeitung spezifischer Ansichten. Man profitiert darüber hinaus von einer konsistenten Darstellung der Benutzeroberfläche.
Selbst in einem sehr kurzen Zeitfenster von wenigen Wochen und einer überschaubaren Menge an darzustellenden Produktfunktionen entstand eine beachtliche Komponenten-Bibliothek, die als Grundlage für viele weitere Features genutzt werden kann.
Der zweite Challenge-Workshop fand in Berlin statt und sollte genutzt werden, um eine (wenn möglich) vollumfängliche Präsentation des Beitrages zum Use Case vorzustellen. Hier galt es, maximal Detailfragen zu klären, um anschließend den „Feinschliff“ für die finale Abgabe vornehmen zu können. Wir wussten bereits im Vorwege, dass wir als Team aus IT-Beratung und Design-Büro die Exoten im Teilnehmerfeld darstellen. Unsere Mitbewerber konnten auf teilweise mehrjährige Erfahrung in der Installation von Hardware und deren Auswertung in Gebäuden vorweisen.
Unser Anspruch war es, deutlich zu machen, worin sich unser Konzept von den teilweise schon fertigen Lösungen unterscheidet. Dabei waren wir uns des Risikos bewusst, dass wir für eine Vorgehensweise argumentieren, die mit einem bestimmten Umsetzungszeitraum verbunden ist, bevor die maßgeschneiderte Software produktiv genutzt werden kann.
Kurz nach dem letzten Workshop in Berlin erreichte uns die Nachricht, dass wir nach einem kurzen Recall, in dem technische Fragen geklärt wurden, als Sieger unseres Use Cases ausgewählt wurden.
Überreicht wurde uns der Siegerpokal im Rahmen der Bosch Connected World Messe in Berlin, wo unter anderem Alexander Otto, Geschäftsführer der ECE, einen Vortrag zur Notwendigkeit der Digitalisierung in Gebäuden hielt.